Ein Allrounder sagt Adieu

Ein bisschen Wehmut verspüre er schon, sagt Erhard In-Albon. Nach 43 abwechslungsreichen Jahren bei der Arnold Walker AG geht der 65-jährige Allrounder aus Brig-Glis zum Monatsende in Pension.

Seinen Abgang habe er sich eigentlich anders vorgestellt, räumt In-Albon ein. Denn: «Das Coronavirus hat uns allen einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.» Nach einem zweiten schweren Herzinfarkt im Jahr 2012 ist In-Albon nämlich gesundheitlich angeschlagen. Deshalb arbeitete er die letzten acht Jahre nur noch in einem 25-Prozent-Pensum – zuletzt
in der Abteilung Controlling. Und seit dem Ausbruch der Pandemie gehört er zur Hochrisikogruppe.

«Das Coronavirus hat uns allen einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht»

Während des Lockdowns haben Erhard In-Albon und seine Frau Eliane vier Wochen lang keinen Schritt vor die Tür gesetzt. Sie vermissten ihre beiden Kinder, die für sie jedoch regelmässig die Einkäufe tätigten. Die Einkaufstaschen hat das Ehepaar jeweils mit einem Seil auf den Balkon im zweiten Stock des Mehrfamilienhauses an der Englisch-Gruss-Strasse in Brig-Glis hochgezogen. Abstandhalten war angesagt. Um eine Ansteckung zu vermeiden, hat Erhard In-Albon die letzten sechs Monate zu Hause gearbeitet. Seine Tochter Jennifer, die wie Sohn Jimmy beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt ist, versah den Botendienst.

«Mädchen für alles»

In seiner beruflichen Laufbahn hat Erhard In-Albon den Wandel der Arnold Walker AG vom regionalen Grossisten zum nationalen Anbieter von Walliser Käsespezialitäten hautnah miterlebt. Arbeitsbeginn war am 2. Januar 1977 – nach einem kurzen Vorstellungsgespräch mit Firmengründer Arnold Walker nach der Sonntagsmesse. «Nach zehn Minuten waren wir uns einig», erinnert sich In- Albon. Der Monatslohn betrug anfänglich 1500 Franken brutto, und wurde noch bar ausbezahlt, wie er anmerkt. Sein Arbeitsplatz war im früheren Betriebsgebäude des Unternehmens an der Gliserallee 37. Die ersten fünf Jahre war der gelernte Kaufmann nach eigenem Bekunden «das Mädchenfür alles». «Ich arbeitete im Büro, im Depot, als Chauffeur, Mitfahrer und als Vertreter», berichtet er. Auch später konnte er seine Allrounder-Fähigkeiten immer wieder unter Beweis stellen – sei es als Buchhalter, Personalchef, Verantwortlicher für den Wareneinkauf und die Betreuung von Grosskunden. «Insgesamt habe ich 19 verschiedene Tätigkeiten ausgeübt», bilanziert Erhard In-Albon, den sein heutiger Chef und Arbeitskollegen als besonnen, hilfsbereit, gewissenhaft und sorgfältig beschreiben. In stressigen Zeiten habe er aber gelegentlich auch gehörig «ausgerufen», heisst es aus seinem beruflichen Umfeld.

Neues Betriebsgebäude als «Highlight»

Er habe die familiäre Atmosphäre im Betrieb sehr geschätzt und stets Freude an der abwechslungsreichen Arbeit gehabt, versichert Erhard In-Albon. Gerne erinnert er sich noch an das Eidgenössische Jodlerfest 1987 in Brig- Glis. Er half damals mit, für die Sängerscharen in Handarbeit 13 000 Proviantsäckli bereitzustellen. Anschliessend habe man gefeiert bis in die Morgenstunden. Als «Highlight» bezeichnet der künftige Rentner auch den Umzug der Firma in den Neubau in Bitsch im Jahr 1993. «Gezügelt wurde am 5. Oktober, als in Brig-Glis die Aufräumarbeiten nach der Unwetterkatastrophe noch in vollem Gange waren», erinnert er sich. Durch die modern konzipierten Räumlichkeiten am neuen Standort seien die Arbeitsabläufe optimiert und genügend Platz für Sortimentserweiterungen geschaffen worden.

«Ich bin mit der Firma länger verheiratet als mit meiner Frau»

Erhard In-Albon Getrübt werden Erhard In-Albons Erinnerungen durch den unverhofften Tod seines früheren Patrons Arnold Walker am 18. Februar 2002, der ihm sehr nahe ging. Schliesslich habe er mit ihm 25 Jahre lang zusammengearbeitet: «Wir pflegten nicht nur geschäftlich, sondern auch privat sehr enge und familiäre Beziehungen», gibt In-Albon zu bedenken. Für Alexander Walker, der seinen Vater an der Unternehmensspitze ablöste, wurde Erhard In-Albon zum unternehmerischen Wegbegleiter der Stunde.
Nach 43 Jahren bei der Arnold Walker AG nimmt Erhard In-Albon nun endgültig den Hut. «Das ist eine lange Zeit. Ich bin mit der Firma länger verheiratet als mit meiner Frau», meint er schmunzelnd. Natürlich stimme ihn der Abschied etwas wehmütig. Dennoch überwiege letztlich die Freude, wieder mehr Zeit mit seiner Frau und seinen fünf Enkelkindern verbringen zu können.

 

- Quelle:

Walliser Bote / 29. August 2020

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